Begonnen hat alles mit dem Buch The Phonix Project, wo es um effizientes Management von IT-Projekten geht. Dort tauchen die gelben Zettel an den Whiteboards auf – ein Zettel für eine Aufgabe. Angestachelt von diesem tollen Buch habe ich nach weiteren Informationen zum Thema KanBan (japanisch für Notizzettel) gesucht und sie in dem Buch Personal KanBan gefunden. Es folgt eine kurze Einführung in KanBan, die Vorstellung von Tools, die ich benutze und meine persönliche Erfahrungen im letzten Monat bei der Anwendung dieser Methode für die Strukturierung meiner Arbeit.

Einführung in KanBan

Das System ist denkbar einfach. Du kannst gleich mitmachen um dich besser zu organisieren und effizienter zu arbeiten. Das gilt sowohl für dein Privatleben, als dein Arbeitsleben. Am besten gleich in einem KanBan, denn du hast nur einen Kopf und ein Leben.

  1. Zunächst schreibst du alle Aufgaben, alle ToDo’s, alles was du im Kopf hast auf einen Zettel. Auf einen Zettel kommt dabei nur eine Aufgabe. Dafür kannst du entweder Klebezettel nehmen oder ein digitale Version im Computer wie KanBanTool oder Trello.
  2. Schau dir die Aufgaben an: Gruppiere, sortiere und markiere wie es dir am besten passt. Das System ist flexibel und passt sich deinen Bedürfnissen an. Jetzt hast du dein Backlog (deinen Garten voller Aufgaben) erstellt und gleichzeitig etwas geordnet. Prima. Die Arbeit sichtbar zu machen ist der erste wichtige Schritt.
  3. Die Zettel klebst du alle in eine Spalte und nennst sie nun auch Backlog. Das kannst du an einer Tür machen, auf einem Whiteboard oder im Computer.
  4. Füge eine Spalte „In Arbeit“ und eine Spalte „Fertig“ hinzu. In der Spalte „In Arbeit“ dürfen maximal drei Aufgaben sein.
  5. Lege los. Ziehe dir ein, zwei, drei Aufgaben und hänge sie in die Spalte „In Arbeit“. Erledige diese Aufgaben. Schließe die Aufgaben vollständig ab. Wenn eine Aufgabe abgeschlossen ist, kannst du sie in die Spalte „Fertig“ packen. Erst dann kannst du eine neue Aufgabe in die Spalte „In Arbeit“ ziehen.
KanBanZettel

Ziel ist es, dass eine Aufgabe möglichst schnell vom Backlog in die Spalte „Fertig“ kommt. Du wirst entdecken, an welchen Aufgaben es hapert, wo Resourcen fehlen oder Engpässe sind. Dort gilt es dann zu optimieren.

Du ziehst die Aufgabe, die für dich gerade am besten passt aus dem „Backlog“ in „In Arbeit“ und legst los. Zum Beispiel aufgrund der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit, aufgrund des Wetters, deiner Laune, der Dringlichkeit – es sind deine Kriterien die zählen. Vielleicht ist es auch nötig, erstmal keine neuen Aufgaben zuzulassen und dein Backlog abzuarbeiten.

Tools

Für mich war schnell klar, das Klebezettel an einer Tür für mich nichts sind. Erstens hatte ich viele Aufgaben, zweitens arbeite ich an verschiedenen Orten, drittens mag ich Computer und viertens waren sie mir zu unpersönlich. Wenn man dann bei Google nach KanBan Tools sucht, stößt man auf eine ganze Menge. Ich habe mir ca. 10 Tools angeschaut und mich für 2 entschieden: KanBanTool und Trello.

Trello

Mithilfe von Trello kann man beliebig Listen erstellen, die dann nebeneinander dargestellt werden. Eine Ansammlung von Listen bildet ein Board. Das Tool ist sehr ausgereift und hat zahlreiche Features: ToDo-Listen, Anhänge, Termine, Teammitglieder, Labels, etc. – außerdem hat es schöne Apps für Mac und Android. Es läuft stabil und sieht auch noch gut aus. Zusammen mit meiner Frau haben wie ein Board für den Garten, eins fürs Haus und sie benutzt es auch für ihre Selbstständigkeit mit den oben genannten Spalten.

Trello

KanBanTool

Dennoch fehlten mir bei Trello drei wesentliche Sachen. Zum einen Swimlanes – Zeilen um Aufgaben untereinander besser zu trennen, die Möglichkeit Listen auszublenden und Listen nochmal weiter vertikal aufzuteilen. Das klingt jetzt etwas theoretisch, aber wenn du dir die Tools anschaust wirst du schnell merken, was ich meine.

Ich habe KanBanTool gefunden und bin sehr zufrieden damit. Es ist etwas eckiger, hat keine schönen Apps und ist nicht so umfangreich wie Trello. Aber ich finde es übersichtlicher, man hat die Möglichkeit die Karten farbig zu gestalten, Swimlanes zu erzeugen und schnell Spalten und Zeilen auszublenden und Spalten weiter zu unterteilen. Es ist noch spezifischer für KanBan optimiert und dazu noch kostenfrei, solange man es nicht für große Projekte nutzen will.

Meine Erfahrungen und Tipps

Ich habe zunächst einmal alle Aufgaben auf je einen gelben Zettel in KanBanTool geschrieben und so ein dickes Backlog erzeugt. Im Laufe der Zeit habe ich dann Farben für die Zettel benutzt, 3 Swimlanes erzeugt und auch immer wieder mit unterschiedlichen Spalten experimentiert. Das Schöne ist: Es ist nichts festgeschrieben und man kann ständig alles verändern. So entwickelt sich die Übersicht anhand der eigenen Bedürfnisse mit.

Aufgaben

Was ist Arbeit? Dieser Frage konnte ich in allen Facetten nachgehen. Ich gehe von der Annahme aus, dass jeder Zettel Arbeit ist. Schnell habe ich festgestellt, dass Termine für mich keine Arbeit sind. Die kann ich nicht zu jeder beliebigen Zeit einfach abarbeiten. Ich habe sie entfernt und nur manchmal als „Fertig“ hinzugefügt, um am Ende der Woche zu sehen, dass ich auch einige Termine „abgearbeitet“ hatte.

Eine Aufgabe muß klar sein. Aufgaben, bei denen ich nicht wusste, was ich machen sollte, konnte ich auch schlecht abarbeiten. Ich möchte in nächster Zeit ein E-Book bei Amazon veröffentlichen. Meine Aufgabe hieß: E-Book bei Amazon veröffentlichen. Dazu gehören aber viele Schritte, die ich noch gar nicht kannte. Diese Aufgabe wirkte wie eine riesige Hürde. Ich habe sie umbenannt in „Recherchieren, wie ich E-Book bei Amazon veröffentlichen kann“ – die Aufgabe wurde klarer. Es ergaben sich mehrere Aufgaben: „Tipps zum erstellen eine E-Books von Amazon lesen und anwenden“, „Amazon KDP Account erstellen“, „Freund fragen Cover zu erstellen“, „Über Marketing für E-Books informieren“. Klarheit ist der Schlüssel zum Erfolg und zur Zufriedenheit bei der Arbeit.

Eine Aufgabe muss innerhalb von 4h abzuarbeiten sein. Es hat mich frustriert, wenn Aufgaben tagelang in „In Arbeit“ rumhängen und alles blockierten. Ich konnte keine kleine Aufgabe dazwischen schieben, wenn drei solche dicke Aufgaben die Spalte „In Arbeit“ blockierten. Deswegen dürfen meine Aufgaben maximal geschätzte 4h umfassen. Ich baue gerade einen Sandkasten. Da wollte ich Nachmittags immer mal dran bauen. Insbesondere das Mörteln der Steinumrandung würde dauern. Ich habe 4 Aufgaben erstellt: „2h Umrandung Sandkasten mörteln“. Vier mal die gleiche Aufgabe. Die Arbeit wurde sichtbar. Das würde länger dauern. Und wurde es möglich, den Fortschritt zu sehen. Zwei der Zettel „2h Umrandung Sandkasten mörteln“ waren schon in „Fertig“ – nur noch zwei vor mir.

Struktur des Boards

Kanban Tool Struktur

Ständig habe ich die Struktur meines KanBans verändert und ich werde sie wohl auch immer wieder an die Umstände anpassen. Mir gefällt das. Bei euch kann es sich ganz anders entwickeln. Fühlt euch rein. Begonnen hat es mit den 3 Spalten „Backlog“, „In Arbeit“ und „Fertig“. Mittlerweile habe ich die Spalten „Backlog“ (unterteilt in Latest, Bereit und Next), „Diese Woche“, „Gehege“, „In Arbeit“, „Fertig“, „Letzte Woche“ und „subjektives Wohlbefinden“. Warum?

Zunächst brauchte ich mehr Möglichkeiten um mein Backlog zu strukturieren. Die neuesten Aufgaben werden immer in Latest reingepackt. Die Aufgaben in Bereit und Next warten schon länger. Dringende Aufgaben dürfen auch mal überholen und fangen direkt bei Next an oder auch bei „In Arbeit“. Wo wir gerade beim Backlog sind: Momentan nehme ich weniger Aufgaben an – ich will mein Backlog weiter abarbeiten. Auch eine Erkenntnis, die ich aus der Verwendung von KanBan gezogen habe. Manchmal schaue ich mir auch das komplette Backlog an und mache alle Aufgaben, die ganz schnell zu erledigen sind. Fühlt euch frei. Das System soll Freiheit schaffen und nicht einzwängen.

Ich musste feststellen, dass ich ständig meine Kapazitäten überschätzte. Ich dachte immer ich schaffe mehr, als ich dann wirklich geschafft habe. Das war frustrierend. Ich habe die Spalte „Diese Woche“ einführt. Mein Ziel ist es wenigstens ungefähr abzuschätzen, was ich diese Woche schaffe. Ich möchte mich nicht weiter überschätzen.

In der Spalte „Gehege“ sind Aufgaben, die ich angefangen habe, die auf eine Reaktion oder ein Ereignis warten, was nicht in meiner Hand liegt. Ich wollte immer gerne meine abgeschlossene Woche mit der vorherigen Woche vergleichen. Deswegen habe ich „Letzte Woche“ eingefügt. Dort werden dann die Karten archiviert.

Die Spalte „Subjektives Wohlbefinden“ ist meine neueste Spalte. Dort kommen Aufgaben rein, die mich besonders genervt haben oder die mir besonders Freude gemacht haben. Ich kommentiere auch, warum sie mich besonders genervt haben oder sie mir besonders Freude gemacht haben. Daraus kann ich in der Zukunft sicherlich einiges ablesen.

Momentan habe ich 3 Swimlanes. Es war doch praktischer mein Arbeitsleben und mein Berufsleben wenigstens optisch getrennt voneinander darzustellen. Aber immer alles auf einen Blick verfügbar. Die dritte Spalte ist Ministry – das fällt sonst schnell mal hinten runter.

Innerhalb einer Swimlanes haben verschiedene Projekt unterschiedliche Farben. Bei Privat zum Beispiel Garten und Reparieren. So kann man schnell erkennen, was ansteht und womit man sich letzte Woche so beschäftigt hat. Ich mag Farben.

Fazit

Grundlegend hat sich verändert, dass ich Aufgaben zu 100% und nicht zu 99% erledige. Wenn ich einen wichtigen Brief verfasst habe, dann bringe ich ihn jetzt zumeist auch gleich noch in den Briefkasten. Dann muss ich da nicht mehr dran denken. Das lähmt sonst (nennt sich übrigens Zeigernargiker-Effekt). Ich habe gelernt ungeliebte oder scheinbar unwichtige Aufgaben nicht so lange vor mir her zu schieben.

Und zu guter Letzt eine fast schon philosophische Erkenntnis: Pull statt Push ist nicht so einfach. Sich Aufgaben zu ziehen, statt sie aufgedrückt zu bekommen sind wir einfach nicht so gewöhnt. Teilweise brauchen wir es, Dinge, Deadline etc. gesagt zu bekommen und los zu legen. Pro aktiv ist besser. Nachdem ich es jetzt einen Monat anwende, merke ich neben zahlreichen Erkenntnissen auch die ersten Auswirkungen. Ich schaffe mehr, bin entspannter und habe das Gefühl nicht so überwältigt zu werden. Lasst uns mutig den nächsten Zettel ziehen.